Leseprobe aus Verlängerte ROTzeit

Cover »Verlängerte ROTzeit«

Barbara Ming

Verlängerte ROTzeit

112 Seiten
Klappenbroschur
ISBN 978-3-932005-67-1
LP 13,80 €

Lesen Sie aus dem Buch:

Schräge Vögel – eine ornithologische Worte-Sammlung Rote Ampelleuchte

Die Idee zu den »schrägen Vögeln« kam mir auf der Suche nach einer KFZ-Teile-Firma auf dem Vogelsangerweg in Düsseldorf. Wir bekamen den »Transport-Sarg« nicht auf, oben auf dem Autodach, wollten aber auch das Schloss nicht zerstören. Und auf eben dieser besagten Straße hatten wir das Ding kürzlich gekauft.
Der Vogelsangerweg beherbergt aber nicht nur rauchlose Betriebe und Firmen, er ist auch Ausgehpunkt einiger (zumeist rauchender) Damen vom Gewerbe, die dort auf Mitfahrgelegenheiten warten.

Vorhin fiel mir der Zettel wieder in die Hände.
Ich habe mich nun entschlossen, Ihnen diese Notizen zu überlassen, damit Sie sich ihre eigene Geschichte schreiben können. Vielleicht als ein Märchen oder eine Fabel? Also lassen Sie Ihrer Phantasie freien Lauf!
Los geht’s:

Bordsteinschwalbe ist ein oft gebrauchter Begriff für eine Prostituierte.
Mit Spinatwachtel bezeichnet man eine sehr dünne Frau.
Ein Kuckucksei deutet an, dass es sich um ein untergeschobenes Kind handelt.
Mit Rabenaas ist ein hinterhältiges Miststück gemeint.
Dumme Gans, wahrscheinlich eine von vielen dummen Gänsen, nennt man ein einfältiges Mädchen.
Und eine Schleiereule ist eine aufgetakelte Frau mit Hut, wogegen eine Nebelkrähe gern mit großer Sonnenbrille ins Bild läuft.
Anders die Nachteule, eine Frau, die die Nacht zum Tag macht.
Von Turteltauben sprechen wir, wenn wir ein verliebtes Paar sehen.
Vogelscheuche? Ja was wohl, eine große hässliche Frau!
Und jetzt wechseln wir zu den Schnapsdrosseln, den Alkohol abhängigen Gestalten, zu denen auch der Schluckspecht als Gewohnheitstrinker gehört.
Kennen Sie in Ihrem Umfeld Nesthocker? Welche, die immer zuhause anzutreffen sind.
Der Dreckspatz ist der Begriff für ein schmutziges Kind, wobei ein Schmutzfink dem Dreckspatz ähnlich ist, allerdings auch erwachsen sein kann.
Verändern wir die Szene: Eine Schnepfe lernt einen Galgenvogel kennen. Der ist aber auch ein richtiger Aasgeier. Was ist passiert?
Eine alte Jungfer begegnet einem unseriösen, zwielichtigen Menschen, der zugleich geldgierig ist und ein Ausbeuter.
Die Hüpfdohle, tanzfreudig aber ziemlich oberflächlich, würde niemals zur lahmen Ente werden, denn dann wäre sie verlangsamt.
Und jetzt schwebt da der Pleitegeier und kündigt einen drohenden Konkurs an. Kann auch passieren, dass dann ein Kuckuck geklebt wird, weil gepfändet werden soll. (Dafür gibt es einen gesonderten Text.)

Den Hahnrei kennen viele heute schon nicht mehr. Obgleich es ihn gibt und immer geben wird, denn er ist ein betrogener Mann.
Was man auch nicht unbedingt kennt, sind Zeitungsenten. Denn Zeitungsenten sind Falschmeldungen, die man erst einmal als solches entlarven muss.
Ähnlich geht es bei einer Schwalbe, die ja ein getäuschtes Foul beim Fußball bedeutet. Das muss auch erkannt werden.
Ein Lockvogel ist ein Köder!
Ein Schmierfink ein Beschmierer.
Und der Federfuchser ist ein fieser Bürokrat, der anderen das Leben schwer machen kann.
Da schreibe ich lieber über Lachtäubchen, über alberne Mädchen.
Manche haben einen Schwanenhals, der ja besonders lang ist.
Das hat aber nichts mit Schwanengesang zu tun, denn den wertet man als eine Todesverheißung.
Windeier können wir nicht gebrauchen! Windeier sind Vielversprechungen ohne Inhalt!
Kautzige Eltern müssen keine Rabeneltern sein. Vielleicht sind sie etwas verschroben, was ja nicht bedeutet, dass sie schlechte Eltern sein müssen. Und ihre Kinder können Wibbelstätze sein, welche, die nicht still sitzen können und ständig rumhampeln.
Das gemachte Nest sei hier zu erwähnen. Die optimalen Lebensbedingungen, die von anderen geschaffen wurden. Und in die man sich nur setzen muss! Kinder mögen das, es macht das Leben leicht. Und oft geht es einher damit, dass sie zu lange unter die Fittiche genommen wurden, zu lange behütet und beschützt.
Was dann passieren kann?
Dass Spatzenhirne dabei entstehen! Menschen, die nicht den überblick über sich und ihr Leben haben.
Und wenn die dann hoch motorisierte Autos fahren, geraten sie hoffentlich vor die Linse von Starenkästen!

Radarfallen sind aber keine Gefahr bei verlängerten Rotzeiten!
In diesem Sinne:
Falls Ihnen weitere Begriffe einfallen, schreiben Sie mir.
Ich freue mich immer sehr über Briefe mit aufgeklebter Briefmarke und von Hand geschriebener Adresse.


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Barbara Ming

Barbara Ming

Barbara Ming

  • 1946 geboren in Düsseldorf.
  • Zahlreiche Veröffentlichungen, Edition ERA, Anthologien, Literaturzeitschriften.
  • Zahlreiche Preise, darunter 2003 Ratinger Frauenkulturpreis für Literatur.
  • Barbara Ming ist Mitglied im Verband Deutscher Schriftsteller (VS) und Vorsitzende des Literaturkreises ERA e. V.